Wer abonniert heute noch eine Tageszeitung? Die meisten haben wohl eine Smartphone-App, um sich über die neuesten Meldungen aus der Welt zu informieren. Warum also bewahrt ein Museum hunderttausende gedruckte Exemplare aus aller Welt auf und plant nun, sie auch digital zu erfassen?
„Spiegel einer Gesellschaft“
Andreas Düspohl, Leiter des Internationalen Zeitungsmuseums (IZM), überrascht diese Frage nicht. „Alte Zeitungen haben zunächst ihre Funktion verloren, sie sollen schließlich über das Tagesgeschehen berichten und sind heute natürlich nicht mehr aktuell.“ Wenn man sich jedoch verdeutlicht, was eine alte Tageszeitung für Informationen bereithält, kann man sie zu Recht, wie Düspohl sagt, als „Spiegel einer Gesellschaft“ bezeichnen. Abgedruckte Werbung und vor allem Kleinanzeigen machen dem Leser heute deutlich, was die Menschen damals bewegt hat. Kurz nach Kriegsende erschien beispielsweise die Annonce: „Habe Muskeln sowie Schubkarre und biete Hilfe an, Trümmerteile wegzuräumen.“ Wenn einige Zeit später jemand Klavierunterricht anbietet, weiß man, dass die Leute das Schlimmste überstanden haben.
Nicht für die Ewigkeit gemacht
An die 350.000 Ausgaben, von denen 171.000 in der Datenbank des Museums erfasst sind, lagern im IZM in der Pontstraße. Viele Zeitungen drohen bereits zu zerfallen. Damit das nicht geschieht, sind die Mitarbeiter des IZM und aktuell zwanzig ehrenamtliche Helfer damit beschäftigt, so viele Papierstücke wie möglich einzuscannen und somit digital zu sichern. „Mir wäre es am liebsten, wenn der Scanner die ganze Zeit läuft“, so Düspohl. Das Besondere am IZM ist, dass es sowohl Erst- als auch Letztausgaben vieler Zeitungen aufbewahrt. Als „Standesamt der Weltpresse“ dokumentiert es den „Lebensbeginn“ eines Druckerzeugnisses und eben auch gegebenenfalls seinen Tod. Die Exponate belegen, wie jüdische Verleger gezwungen wurden, allein den Text abzudrucken, dass die vorliegende Zeitung verboten würde. Dies trieb viele in den Ruin. Damit diese wichtigen Zeitzeugen nicht verstummen, ist ihr Erhalt in digitaler Form umso wichtiger. Bisher haben sich noch 14 weitere potenzielle ehrenamtliche Helfer gemeldet. Wer nun Lust hat, bei der Digitalisierung der historischen Zeitungen mitzuhelfen, der kann sich gern über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! melden.